Hexen in der Stadt by Ingeborg Engelhardt

Hexen in der Stadt by Ingeborg Engelhardt

Autor:Ingeborg Engelhardt [Engelhardt, Ingeborg]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
veröffentlicht: 2010-12-15T23:00:00+00:00


Aus der Chronik des Malefizschreibers

Es sind fremde Richter aus andern Städten zugezogen worden samt deren Schreibern, auch neue Lokalitäten als Gerichtsstuben eingerichtet worden, im Kapitelhaus, im Spital und anderwärts, samt neuen Gefängnissen, wo und wie es nur angeht, die Menge der Gefangenen aufzunehmen, so allgemach nach Hunderten zählt. Doch leisten so unvollkommene Notbehelfe der flucht Vorschub, die manchem in letzter Zeit gelungen ist.

So ist im verwichenen Frühjahr der Doktor Burkhardt entkommen, dem Fürsten sein Leibsyndikus, dessen Eheweib schon im vierten Brand hat drangemußt. Der Doktor Dürr hat den Syndikus zu Anfang des Jahres auf mehrere Besagungen hin lassen gefänglich setzen und verhören. Der Burkhardt hat sich hart gehalten und den Richter verhöhnt, er werde ihm beweisen, daß alles, was hier verhört und protokolliert werde, und wofür die Menschen verbrannt würden, nichts sei als Altweibergewäsch, das studierte Leute närrischerweise ernst nähmen. Bei solchem Gerede läuft ja schon unsereinem die Galle über, der bei mehr als hundert Fällen Protokoll geführt hat und Bescheid weiß. Um wieviel mehr muß es den Richter aufbringen, der ebenso viele Todesurteile gefällt und nicht einmal der eigenen Mutter geschont hat. Der Doktor Dürr ist denn auch in großen Zorn geraten, wie ihn noch keiner gesehen, und hat den Syndicus torquieren lassen, daß es eine Art gehabt hat. Der aber ist fest geblieben und hat unter den Schmerzen immer lauter geschrien, erbleibe dabei und werde es dem Richter beweisen. Sie haben am Ende von ihm ablassen müssen, weil Meister Conz auch einmal hat Feierabend machen wollen. Am nächsten Morgen aber ist der Burkhardt weg gewesen, geflohen, trotz seiner ausgerenkten Glieder. Der Teufel muß ihm geholfen haben. Doch hat man seither den Wächter Christian Übelacker gehenkt, darum, weil er etlichen zur Flucht verholfen haben soll. Der Burkhardt jedenfalls ist nach Speyer entkommen und hat Beschwerde beim Reichskammergericht erhoben. Von da ist im Mai ein Brief gekommen, der Fürstliche Gnaden sehr in Hitze gebracht haben muß und einen bösen Wirbel in der Kanzlei verursacht hat, darum daß man gerade den Syndicus hat entwischen lassen, der als ein gewiegter Jurist noch manche Schererei machen kann. Sonst aber hat das Schreiben aus Speyer keinerlei Wirkung getan. Die Prozesse gehen fort wie zuvor, und gehet die Anzahl der Gerichteten nunmehr stark ins zweite Hundert. Es nehmen jetzt die jungen Menschen und sogar die Kinder Überhand, so daß einen billig grauen mag vor solcher Verderbnis der Jugend. Die Zauberei ist so allgemein geworden, daß die Kinder auf der Gasse sie einander lehren. Wo will das noch hin! So sind seither gerichtet worden als namentlich folgende Personen:



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